Der Mieterbund stellt eine aktuelle Studie zur Reform des Mietwucherparagraphen vor und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um eine nachvollziehbare Forderung, damit bei einer Wohnungsvermietung eine Notsituation des Mieters nicht ausgenutzt wird und Wuchermieten vermieden werden.

Aber was sind Wuchermieten eigentlich? Nach § 5 WiStG dürfen bei einer Neuvermietung vermieterseitig keine unangemessen hohen Entgelte gefordert werden, diese können bereits erreicht sein, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete um 20% überschritten wird. Allerdings muss der Mieter nachweisen, dass eine Notsituation ausgenutzt worden ist und keine alternative Anmietung möglich gewesen ist. Verstöße sind bußgeldbewährt und können mit Ordnungsgeldern bis zu € 50.000,00 geahndet werden.

WICHTIG ZU WISSEN: Nicht unangemessen hoch sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen.

Wenn die ortsübliche Vergleichsmiete jedoch nicht mehr annähernd der Marktmiete folgt und bspw. im Rasterfeld K/3 des Hamburger Mietenspiegels 2023 eine ortsübliche Vergleichsmiete von € 6,75/m² ausgewiesen wird, kann eine Wuchermiete bereits rechnerisch bei € 8,10/m² erreicht sein, strafbewährt gemäß § 291 StGB sind Mieten ab einer Überschreitung von 50% und somit im Fallbeispiel ab € 10,13/m² – allerdings beträgt die ⌀ Hamburger Marktmiete bei der Neuvermietung aktuell bereits € 15,70/m² nach Homeday.

Die Forderung nach bezahlbaren Mieten ist nachvollziehbar, allerdings müssen Mieten nicht nur für die Mieterseite bezahlbar, sondern auch für die Vermieterseite wirtschaftlich tragbar sein. Aktuell sehen wir flächendeckend eine Bruttomietrendite von rund 3,5% (JNKM / Verkehrswert). Nach Instandhaltungs- und Modernisierungskosten, Mietausfallwagnis sowie nicht umlagefähigen Kosten, Verwaltungsaufwendungen und insbesondere Einkommensteuer schmilzt diese Bruttomietrendite nicht selten auf eine Nettomietrendite von rund 1,0% zusammen – und dies vor einem etwaigen Kapitaldienst.

FALLBEISPIEL: Nach Homeday liegt der ⌀ m²-Angebotspreis für Hamburger Eigentumswohnungen aktuell bei € 6.150,00 / m² – für unsere 70 m² große Wohnung (BJ 1975) würden die Gesamtkosten im Falle eines Erwerbs bei rund € 475.000,00 liegen. Greifen keine Ausnahmeregelungen und wird die Mietpreisbremse eingehalten, erwirtschaftet der Vermieter ohne Berücksichtigung der Kaufnebenkosten eine Bruttomietrendite von 1,45% p.a. (ortsübliche Vergleichsmiete zzgl. 10% / Kaufpreis € 430.500,00). Bewegt sich der Vermieter im Bereich des § 5 WiStG bei € 8,10/m², so erwirtschaftet er eine Bruttomietrendite ohne Berücksichtigung der Kaufnebenkosten von 1,58% p.a.. Bewegt sich der Vermieter im Bereich des § 291 StGB bei € 10,13/m², so erwirtschaftet er eine Bruttomietrendite ohne Berücksichtigung der Kaufnebenkosten von 1,98% p.a.. Unter Berücksichtigung der Kaufnebenkosten fällt die Rendite entsprechend geringer aus, nach den vorstehend genannten Kosten und Steuern liegt die Nettomietrendite weit unter 1,0% p.a. – und dies ohne Berücksichtigung einer Fremdkapitalaufnahme. Sind dies die Wuchermieten, die angeprangert werden? WIR MEINEN: NEIN! UND DESHALB DARF ES KEINE VERSCHÄRFUNG DES „MIETWUCHERPARAGRAPHEN“ GEBEN!

Die Öffentlichkeit sowie die Politik müssen endlich verstehen, dass sich insbesondere in Zeiten stetig ansteigender Modernisierungsanforderungen eine Investition in den Mietgeschosswohnungsbau weitestgehend nicht rentiert, denn ansonsten würden Investoren in den Mietgeschosswohnungsbau investieren. Ständig werden Eigentümern neue Auflagen auferlegt – auskömmliche Renditen auf das investierte Kapital darf ein Vermieter nicht erwirtschaften. Im Gegenzuge steigen jedoch die Betriebs- und Heizkosten ins Unermessliche und auch die Kaufnebenkosten erschweren den Zugang zum Wohneigentum erheblich, allem Voran die ausufernde Grunderwerbsteuer.

Wenn sich eine Vielzahl der Mieter keine adäquate Wohnung mehr leisten können und die Mietbelastung im Verhältnis zum verfügbaren Nettoeinkommen stetig ansteigt, dann besteht ein strukturelles Problem, welches in den meisten Fällen nicht an den zu hohen Mieten liegt, sondern daran, dass der arbeitenden Bevölkerung nicht mehr ausreichend Nettoeinkommen zur Verfügung steht – und dies liegt insbesondere an der Einkommensbesteuerung sowie den Sozialversicherungsbeiträgen. Der vollzeitbeschäftige Arbeitnehmer verdiente im April 2023 € 4.323,00 mtl.. Bei einem Bruttojahresgehalt von € 51.876,00 verbleibt dem Arbeitnehmer € 33.293,14 netto ohne Berücksichtigung von Kirchensteuer (LSt-Klasse I / keine Kinder). Inklusive der arbeitgeberseitigen Sozialabgaben betragen die Abzüge für Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben insgesamt € 29.191,50 – somit erhält der Arbeitnehmer gerade einmal 53,3% der arbeitgeberseitigen Lohn-Gesamtkosten (insgesamt € 62.484,64) als Nettoeinkommen ausgezahlt.

  • Gehälter steigen an!
  • Pensionen steigen an!
  • Renten steigen an!
  • Materialkosten für Instandhaltung und Modernisierung steigen an!
  • Handwerkerlöhne für Instandhaltung und Modernisierung steigen an!
  • Energiekosten steigen an!
  • Mietnebenkosten insgesamt steigen an!
  • Kaufnebenkosten steigen an – insbesondere die Grunderwerbsteuer!
  • Modernisierungsanspruch seitens der Mieter steigt an!
  • Ausstattungsanspruch seitens der Mieter steigt an (Balkon/Badewanne/Grundriss u.a.)!
  • Wohnflächenverbrauch pro Mieter steigt an (seit Wiedervereinigung immerhin um+37,7% auf 47,7 m² / Kopf in 2021)!

Nur die Nettokaltmiete darf nicht ansteigen!? Im Übrigen ist die ortsübliche Vergleichsmiete in unserem Fallbeispiel im Zeitraum 1991 – 2023 gerade einmal um 0,925% p.a. angestiegen (Quelle: Hamburger Mietenspiegel 1991 – 2023). Die rote Laterne hat jedoch das Rasterfeld M/2 (41-66m² / BJ 1994-2010 / normale Wohnlage) inne – hier stieg die ortsübliche Vergleichsmiete in den vergangenen 30 Jahren gerade einmal um 0,504% p.a. an – auf nunmehr € 10,20/m² im arithmetischen Mittel.

Strukturell bekommt man das Problem ausschließlich durch Investitionsanreize in den Mietgeschosswohnungsbau in den Griff. Denn egal wie niedrig oder wie hoch die Mietpreise sind, solange keine bzw. eine unzureichende Anzahl neuer Wohnungen entsteht, wird es auch keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt geben, diese erreicht man ausschließlich durch die quantitative Ausweitung des Mietgeschosswohnungsbaus. Und alle Forderungen zu Lasten der Vermieter verschärfen das Problem weiter, denn solange der Mietgeschosswohnungsbau nicht rentabel ist, wird auch kein Vermieter investieren!

 

Hamburg, 15. Mai 2024

Haus- und Grundeigentümerverein Hamburg-Rahlstedt e.V.

Schweriner Str. in 22143 Hamburg

Autor

Fabian Röhr

Vorstandsvorsitzender